Goldene Saiten

Swing & Jazz mit den Swingin‘ Hermlins in der Laeiszhalle Hamburg

Dass man für Klassik und Jazz nicht nur die Hamburger Elbphilharmonie besuchen kann, bewies ein Abend mit Swing und Jazz mit der Band THE SWINGIN‘ HERMLINS und dem Swing Dance Orchestra bei großartiger Stimmung in der Laeiszhalle Hamburg. Auf dem Programm des 20. April 2024 stand das Carnegie Hall Konzert von Benny Goodman aus dem Jahre 1938, welches von der Band an diesem Abend atmosphärisch wiedergegeben werden sollte, ohne dabei strikt notengetreu aufzutreten.

Andrej Hermlin & his Swing Dance Orchestra

Die Formation, die den Namen des Bandleaders Andrej Hermlin trägt und zu der – wenn man neben den swingenden Hermlins noch das Swing Dance Orchestra hinzufügt – insgesamt 18 Mitglieder zählen, kommt in klassischer Big-Band-Besetzung daher (Trompeten, Posaunen, Saxophone, Kontrabass, Piano, Schlagzeug).

Hermlins standen an diesem Abend drei auf der Bühne, neben dem bereits erwähnten Vater Andrej, der als Conférencier, Bandleader und Pianist durch den Abend führte, Tochter Rachel, die mit ihrer vollen Gesangsstimme brillierte und Sohn David am Schlagzeug, der furiose Soloeinlagen und Begleitung spielte, die das Orchester gut steuerten, teils aber auch fast in den Hintergrund treten ließen. 

Carnegie Hall meets Laeiszhalle Hamburg

Ort des Geschehens war die Laeiszhalle Hamburg, welche 1908 eingeweiht wurde und durch ihre im hanseatischen Neobarock gehaltene Architektur einen ähnlichen Rahmen bot, wie die im italienischen Renaissance-Stil erbaute New Yorker Carnegie Hall von 1890. Das Konzert, das man sich für den Abend zum Vorbild genommen hatte, wurde also an einem in der Anmutung ähnlichen Ort gespielt. Dies hat noch einen weiteren Hintersinn, wenn man bedenkt, dass beide Konzertsäle in ihrem Ursprung gedacht waren, um eher klassischen Klängen einen angemessenen Raum zu bieten und das Konzert von Benny Goodman seinerzeit eines der ersten dieser Art auf der weltberühmten Bühne war. Stellvertretend dafür sei hier der Hamburger Mäzen Carl Laeisz zitiert, der mit seinem Vermächtnis eine „würdige Stätte für die Ausübung und den Genuss edler und ernster Musik“ schaffen wollte. 

Dementsprechend Anklang fand die Spielstätte auch bei Andrej Hermlin, der sie bereits eingangs als „das schönste Konzerthaus Deutschlands“ bezeichnete, was ihm die Herzen des lokalpatriotischen Hamburger Publikums natürlich zufliegen ließ, aber vielleicht einem unparteiischen Blick angesichts der Vielzahl schöner und opulenter Philharmonien und Opern Deutschlands nicht ganz so eindeutig standzuhalten vermag.

Wenn es das Publikum von den Sitzen reißt

Zum Konzert an sich bleibt zu sagen, dass die Versprechen komplett erfüllt wurden. Der Sound und Vibe des Abends des 16. Januar 1938 durchflutete auch die Laeiszhalle im 21. Jahrhundert, ohne jedoch eine Kopie Goodmans zu sein. Das kundige Hamburger Jazz-Publikum riss es mehrfach von den Sitzen und es spendete regelmäßigen Zwischenapplaus nach Soloeinlagen der verschiedenen Register. So war die Stimmung im Konzertsaal angesichts der dargebotenen “killer-diller“ gänzlich unhanseatisch geradezu am Kochen ob der Leistungen der Künstler auf der Bühne. Dementsprechend zeigte sich auch Bandleader Andrej Hermlin verwundert über den Ruf der Hamburger als unterkühlt und reserviert – das Berliner Publikum beispielsweise könne sich, so Hermlin, hin und wieder von dieser Euphorie für Jazz- und Swing-Musik noch eine Scheibe abschneiden.

Die Leistungen in Big-Band-Stärke, als auch die immer wieder eingestreuten Einlagen in Quartett-Besetzungen mit weiteren Solisten, wie dem Österreichischen Jazzperkussionisten Roland Neffe sowie der Gesang von Rachel Hermlin bei den Stücken „Loch Lomond“ und „Bei mir bist du schoen“ waren durchweg auf musikalischem Top-Niveau. Allenfalls die Abstimmung der Lautstärke auf den Saal passte nicht immer, weiterhin war das Schlagzeug im Verhältnis zur restlichen Big-Band an einigen Stellen zu laut. Trotzdem spielte David Hermlin hervorragend, seine Präzision und Variabilität waren wirklich großartig. So kann man abschließend von einem gelungenen und furiosen Swing-Abend in der Laeiszhalle Hamburg sprechen, der nach zweieinhalb Stunden inklusive Pause und den auch damals dargebotenen Zugaben mit langanhaltenden Ovationen endete. 

Hilfreiche Tipps zum Konzertbesuch

Abschließend noch ein paar Tipps, falls ihr nicht so regelmäßige Konzertbesucher seid.

Anreise zum Konzert

Die Laeiszhalle am Johannes-Brahms-Platz ist über zahlreiche U-Bahn und Busverbindungen erreichbar. Konzertkarten für viele Veranstaltungen gelten am Veranstaltungstag für eine Fahrt zum Veranstaltungsort, aber versichert euch vor der Fahrt, ob auf eurem Ticket eine entsprechende Information abgedruckt ist.

Reist ihr mit dem Auto an, so bietet sich das Parkhaus Gänsemarkt als Zielort an. Plant einen ausreichenden Zeitpuffer ein, denn verspätet kommt man nur während des Applauses zwischen den Werken oder gar erst in der Pause in den Konzertsaal.

Der Weg zum Platz

Im Foyer wird euch das sehr zuvorkommende und aufmerksame Personal auf Nachfrage oder wenn man es euch einfach ansieht, dass ihr nicht wisst, wo ihr hin müsst, den Weg zu euren Plätzen im Saal weisen oder euch bei Halskratzen noch ein Bonbon zustecken, um gerade bei den ernsteren Konzerten den Ablauf nicht durch Husten oder regelmäßiges Räuspern zu stören.

Garderobe

Auch an ein wenig Kleingeld, die Garderobengebühr beträgt 2€, solltet ihr denken. Größere Taschen, Rucksäcke oder Regenschirme müssen an der Garderobe abgegeben werden. Jacken und Handtaschen dürfen mit in den Saal genommen werden, es ist allerdings bequemer zumindest die Jacken ebenfalls abzugeben.

Fotos & Videos

Fotos und Videoaufnahmen dürfen während des Konzertes nicht gemacht werden, vor oder nach dem Konzert ist es jedoch möglich Aufnahmen zu tätigen, wenn die Privatsphäre anderer Besucher und der Mitarbeiter gewahrt wird.

Dresscode für den Konzertbesuch

Abschließend: eine wirkliche Kleiderordnung für ein solchen Konzertbesuch gibt es heutzutage nicht mehr und niemand erwartet euch in Staatsgarderobe und Ballkleid, aber besser wäre es, auch nicht die dreckigsten Straßenschuhe und Jogginghose zu tragen. Ein wenig Mühe darf man sich geben, wenn Musiker in Smoking oder Frack über Stunden für euch performen. Man kann sich für einen besonderen Abend mit Swing und Jazz womöglich sogar von der Zeit inspirieren lassen, in der die Musik geschaffen wurde und kontemporäre Kleidung tragen. Feel free, Flapper Girls and Dapper Men.  

Weitere Artikel zum Thema Musik & Konzerte findet ihr hier: Goldene Saiten

Hilfreiche Links

Zur offiziellen Website von Andrej Hermlin & seinem Swing Dance Orchestra: www.theswinginhermlins.de

Zur Laeiszhalle: https://www.elbphilharmonie.de/de/laeiszhalle

Tickets für die Laeiszhalle & die Elbphilharmonie: https://www.elbphilharmonie.de/de/besuch

Tickets für U30 – Jugendabo, 50% Tickets, vergünstigte Einzelkarten, REDticket und KulturPass: https://www.elbphilharmonie.de/de/u30

Hinweise zum Konzertbesuch: https://www.elbphilharmonie.de/de/mediathek/tipps-fur-den-konzertbesuch/881

In die Musik von Andrej Hermlin reinhören